Die Umrundung des berüchtigten Kaps von Osten nach Westen im Südwinter 1939 fand auf der letzten Reise eines Großseglers ohne Maschinenantrieb statt. Das Schiff war die bekannte Viermastbark „Priwall“, die eine Reise zuvor die schnellste Umrundung aller Zeiten in 5 Tagen und 14 Stunden geschafft hatte.
Die letzte Reise des Schiffes unterstrich noch einmal den schlechten Ruf dieses Seegebietes mit einem vollen Orkan, der eben südlich des 50. Breitengrades beim Passieren von Staten Island über die „Priwall“ hereinbrach.
Mit meinen 15 Jahren befand ich , Hans Peter Jürgens, mich als Jüngster an Bord, und die bis heute lebendig gebliebene Erfahrung ist mir gegenwärtig wie am ersten Tag, als ein schwerer Sturm sogleich dem nächsten folgte. Nach 84 Tagen -seit der Ausreise in Hamburg – erreichten wir unseren ersten Löschhafen Corral in Südchile. Die Stürme hatten nicht nur der Besatzung zugesetzt, sondern auch die Vorobermarsrah angebrochen, so dass sie an Deck gegeben werden musste. Sie wurde später mit Stahlplatten gesichert und mit der Kreuzobermarsrah ausgetauscht, da die Vorobermarsrah die wichtigere Rah bei Segelmanövern war. Am 3.September erreichten Schiff und Besatzung den letzten Löschhafen Valparaiso – und in Europa herrschte Krieg. Wir hatten mit etwas Glück zwei oder drei Stunden vor einem englischen Kreuzer in einem sicheren Hafen den Anker fallen lassen.
Der 21. Mai 1940 bescherte uns die Erfahrung eines der berüchtigten Norder-Stürme, in dem einige Schiffe sanken und das Schwimmdock mit dem darin eingedockten Dampfer „Chile“ kenterte.
Die Bandbreite der Erfahrungen war für einen 15jährigen Berufsanfänger beachtlich!
Die Vollgrade unter der Besatzung waren bei Ankunft in unserem letzten Löschhafen auf die auslaufenden deutschen Dampfer versetzt worden, während die sogenannten Zöglinge in den nächsten zwei Jahren das Schiff in gutem Zustand und seefähig hielten. Diese interessante Zeit fand ein Ende, als die „Priwall“ 1941 an Chile übertragen wurde und die nunmehr voll ausgebildeten jungen Seeleute sich auf zwei Dampfern wiederfanden, die ursprünglich mit Chinesen besetzt waren. Ich kam auf den inzwischen recht bekannt gewordenen Dampfer „Erlangen“, dem es bei Kriegsausbruch gelungen war, die unbewohnten Auckland-Inseln anzulaufen und von dort mit selbstgenähten Segeln und kargem, auf den Inseln geschlagenen Holz als Kohle-Ersatz Chile zu erreichen. Mit ihrer aus den Priwall-Seeleuten bestehenden neuen Besatzung lief die „Erlangen“ am 18.Mai 1941 von Puerto Montt zur erneuten Umrundung des Sturmkaps aus, um in Argentinien mit einer vollen Ladung von Mar del Plata aus auf die Heimreise geschickt zu werden.
Der englische Kreuzer „Newcastle“ beendete nach einer kurzen Schießerei den Versuch, die lückenlose Blockade zu durchbrechen. Die nächsten 5 Jahre erlebten die Priwall-Seeleute in diversen Gefangenenlagern in Sirra Leone, England und Kanada. Meine erste Reise fand nach 7-jähriger Weltumrundung 1946 in Cuxhaven ihr Ende.
Seefahrt war zu einem Fremdwort geworden. Doch mein Heimatort liegt am Wasser. So erwarb ich nach der alles blockierenden Nachkriegszeit auf den später wieder eröffneten Seefahrtsschulen meine Befähigung zum Kapitän auf große Fahrt.
Nach langen Verzögerungen begann auch ein Neuanfang bei den traditionellen deutschen Reedereien. Mein weiterer seemännischer Berufsweg führte über Anfänge in der langsam wieder beginnenden Küstenfahrt zur neu entwickelten Schwergut-Großreederei D.D.G.Hansa, die mir im Verlauf der 50er Jahre 5 Schiffe als Kapitän anvertraute. Anschließend nahm ich, um meiner inzwischen gegründeten Familie näher zu sein, nach Erfüllung der vorgeschriebenen Fahrzeiten die angebotene Einstellung als Seelotse in Kiel an.
In den letzten Jahren habe ich mich mit den Erfahrungen meines Berufslebens seit meiner ersten Reise, die zugleich die letzte Kap-Horn-Umrundung von Ost nach West auf einem Großsegler unter winterlichen Bedingungen war, beschäftigt und freue mich über meine erfolgreichen künstlerischen Bemühungen bis zum heutigen Tag.
SV “Priwall” off Cape Horn 1939
The rounding of the infamous Cape from east to west in the southern winter of 1939 took place on the last voyage of a tall ship without engine propulsion. The ship was the well-known four-masted barque “Priwall”, which had completed the fastest rounding of all time in 5 days and 14 hours one voyage earlier.
The ship’s last voyage once again emphasized the bad reputation of this sea area with a full gale that hit the “Priwall” just south of the 50th parallel as it passed Staten Island.
At the age of 15, I, Hans Peter Jürgens, was the youngest person on board, and the experience remains as vivid to me today as it did on the first day, when one heavy storm immediately followed the next. After 84 days – since leaving Hamburg – we reached our first port of discharge, Corral in southern Chile. The storms had not only taken their toll on the crew, but had also broken the foremast, so that it had to be put on deck. It was later secured with steel plates and replaced with the cross upper-jigger-topsail-yard, as the upper-fore-topsail-yard was the more important yard for sailing manoeuvres. The ship and crew reached the last port of discharge, Valparaiso, on 3 September – and war was raging in Europe. With a bit of luck, we dropped anchor in a safe harbour two or three hours before an English cruiser.
On 21 May 1940, we experienced one of the infamous Norder storms, in which several ships sank and the floating dock with the steamer “Chile” docked in it capsized.
The range of experiences was remarkable for a 15-year-old just starting out in his career!
The fully qualified members of the crew had been transferred to the departing German steamers on arrival at our last port of discharge, while the so-called “pupils” kept the ship in good condition and seaworthy for the next two years. This interesting time came to an end when the “Priwall” was transferred to Chile in 1941 and the now fully trained young seamen found themselves on two steamers that were originally manned by Chinese. I ended up on the now well-known steamer “Erlangen”, which had managed to call at the uninhabited Auckland Islands at the outbreak of the war and reach Chile from there with self-made sails and meagre wood felled on the islands as a substitute for coal. With her new crew consisting of the Priwall seamen, the “Erlangen” sailed from Puerto Montt on 18 May 1941 to circumnavigate the storm cape again, only to be sent home from Mar del Plata in Argentina with a full cargo.
The English cruiser “Newcastle” ended the attempt to break through the unbroken blockade after a short gunfight. The Priwall seamen spent the next 5 years in various prison camps in Sierra Leone, England and Canada. My first voyage ended in Cuxhaven in 1946 after 7 years of travelling around the world.
Seafaring had become a foreign word. But my hometown is on the water. So after the post-war period, when everything was blocked, I acquired my qualification as a captain on a long voyage at the maritime schools that were later reopened.
After long delays, I also made a new start with the traditional German shipping companies. My further nautical career path led me to the newly developed heavy lift shipping company D.D.G. Hansa, which entrusted me with 5 ships as captain in the course of the 1950s. Afterwards, in order to be closer to my family, which I had founded in the meantime, I accepted the offer of employment as a sea pilot in Kiel after fulfilling the prescribed sailing times.
In recent years, I have been reflecting on the experiences of my professional life since my first voyage, which was also the last rounding of Cape Horn from east to west on a tall ship in winter conditions, and I am delighted with my successful artistic endeavours to this day.