Hafen von Dordrecht mit Schiffen und Floß, 1871
Das rege Treiben auf den Gewässern vor Dordrecht wird in das Licht einer warmen Abendsonne gehüllt. Die Atmosphäre ist durch große Klarheit geprägt, die einen tiefen Blick auf ferne Ufer ermöglicht. Im Zentrum steuert ein Lastenkahn durch den Hafen, der durch die Brechung des Lichts auf dem Wasser und im Himmel kontrastvoll in Szene gesetzt wird. Die lebendige Farbigkeit und Weitsicht gehören zu den besonderen Qualitäten der Arbeiten Willem Gruyters.
Die Stadt Dordrecht hatte aufgrund ihrer strategischen Lage bereits im Mittelalter eine Schlüsselrolle inne. Ihr wurde das Stapelrecht zugesprochen, das durchziehende Kaufleute verpflichtete, ihre Waren für eine bestimmte Zeit vor Ort anzubieten. Die Hanse nutzte den Einfluss der Stadt, um das nahegelegene Brügge politisch unter Druck zu setzen.
Nur wenige Quellen über das Leben des Malers, Zeichners und Radierers Willem Gruyter haben sich erhalten. Er kommt in Amsterdam als Sohn des Kunsthändlers Willem Gruyter sen. (1763-1832) zur Welt und geht beim etablierten Landschafts- und Marinemaler Hermanus Koekkoek dem Älteren (1815-1882) in die Lehre. Wahrscheinlich ist Gruyters ausnahmslose Spezialisierung auf Marinemalerei auf dessen Ein- fluss zurückzuführen. Ab 1845 ist er Mitglied der Königlichen Akademie. 1853 wird er in die „Arti et Amicitae“ (kurz: Arti), einer Gesellschaft und wichtigen Künstlerdrehscheibe in Amsterdam, aufgenommen. Die Arbeiten Gruyters werden bereits zu seinen Lebzeiten international ausgestellt. Als dieses Ge- mälde entstand, war der Künstler in Bremerhaven tätig. Sein gleichnamiger Sohn tritt in die Fußstapfen des Vaters und wird ebenfalls Marinemaler.