Die persönlichste Kunst
Seit dem 15. Jahrhundert spielt die Zeichnung eine elementare Rolle in der Kunstgeschichte. Sie ist das Medium, das den Gedanken der Künstlerinnen und Künstler unmittelbar in eine visuelle Form überträgt. Zudem kommt ihr eine große Bedeutung in der Erarbeitung der finalen Komposition zu, da Entwürfe Inspirationen zum Ausdruck bringen und bei den Kunstschaffenden neue Anregungen erzeugen. Somit ist die Zeichnung das grafische Pendel, das sich zwischen der ersten Idee und dem vollendeten Werk bewegt. Für die Künstler ist die Zeichnung seit jeher für das Erlernen von Perspektive und Anatomie entscheidend. Selbst die erfahrenen Meister praktizieren sie abseits der Ideenfindung regelmäßig, um das Auge und die Hand zu üben.
Für Kunsthistorikerinnen und Kunsthistoriker sind jene Zeichnungen von großem Interesse, die als Entwürfe später ausgeführter Gemälde identifiziert werden können. Sie erlauben einen Einblick in den künstlerischen Schaffensprozess und zeigen mitunter, welche Herausforderungen bei der Gestaltung der Komposition gemeistert werden mussten oder welche Bildelemente den Künstlerinnen und Künstlern besonders wichtig sind. Ob eine Zeichnung nur als Entwurf oder als eigenständiges Werk gelten darf, kann in vielen Fällen daran gemessen werden, ob die Blätter anschließend signiert wurden.
In der Marinemalerei hat die Zeichnung vor allem bei den reisenden Künstlern eine große Bedeutung. Die Landschaft wird nicht vor Ort auf die Leinwand gebracht, sondern zunächst als Entwurf auf Papier festgehalten, um in manchen Fällen über Jahre als Vorlage für Studio- bzw. Ateliermalereien genutzt zu werden.